Entnazifizierung
und Nachkriegsprozesse in Österreich als eines der Themen der neuen DÖW-Ausstellung
Am 8. 11. 2005 wurde die neugestaltete Dauerausstellung
des Dokumentationsarchivs im Wiener Alten Rathaus eröffnet
Während die 1978–2004 gezeigte DÖW-Ausstellung
nur einen kurzen Hinweis auf den Umgang mit den NS-Verbrechen nach 1945 enthalten
hatte, bildet dieses Kapitel in der am 8. November 2005 eröffneten neuen
Ausstellung einen eigenen Bereich. Zusätzlich zur Wandtafel wurden Informationen
zu diesem Thema digital aufbereitet und können auf den Computer-Terminals
abgefragt werden.
Der Themenbereich "Entnazifizierung und Nachkriegsjustiz" wurde
von Sabine Loitfellner, Eva Holpfer, Claudia Kuretsidis-Haider, Susanne Uslu-Pauer,
Siegfried Sanwald, Gerald Mach und Winfried R. Garscha gestaltet und stellt
den Beitrag der Zentralen österreichischen Forschungsstelle Nachkriegsjustiz
für die neue Dauerausstellung des DÖW dar.
Zum Thema "Entnazifizierung und Ahndung von NS-Verbrechen
in Österreich"
Die Wiederherstellung demokratischer Strukturen in Österreich nach dem
Ende des Zweiten Weltkrieges erforderte auch die bürokratische und justizielle
Auseinandersetzung mit dem NS-Regime. Personen, die sich nationalsozialistischer
Verbrechen schuldig gemacht hatten, wurden von eigens dafür eingerichteten
so genannten Volksgerichten abgeurteilt und bestraft.
Ebenso wurden seitens der österreichischen Regierung Maßnahmen
ergriffen, um ehemalige NationalsozialistInnen aus Ämtern und Berufen
zu entfernen. Diese Bestrebungen standen nicht zuletzt in Zusammenhang mit
dem Wunsch auf Durchsetzung des Abzugs der alliierten Truppen und der Erreichung
des Staatsvertrages. Dem so genannten "Mitläufer", dem "kleinen
Mann", wurde jedoch von Beginn an die Re-Integration in die Gesellschaft
in Aussicht gestellt. Bereits ab 1947 traten Abgeordnete der ÖVP und
SPÖ für eine Lockerung der Entnazifizierungsvorschriften und justiziellen
Maßnahmen gegen ehemalige NationalsozialistInnen ein. Schon im darauf
folgenden Jahr wurden erste Amnestien erlassen. 1949 waren viele ehemalige
NationalsozialistInnen erstmals wieder wahlberechtigt. Der Versuch der Regierung,
die Volksgerichte abzuschaffen, scheiterte jedoch am Veto der Alliierten.
Die Aufhebung der Volksgerichte erfolgte tatsächlich im Dezember 1955
nach Abzug der Alliierten aus Österreich. Die Re-Integration der ehemaligen
NationalsozialistInnen wurde im März 1957 mit der NS-Amnestie
1957, einer Generalamnestie auch für schwer belastete
Nationalsozialisten, abgeschlossen. Außerdem wurden das Kriegsverbrechergesetz
und das Verbotsgesetz (Verbot von NSDAP und NS-Organisationen sowie der NS-Wiederbetätigung)
– 1945 eigens für die strafrechtliche Verfolgung von NS-Verbrechen
geschaffen – abgeschafft bzw. teilweise aufgehoben. Aufgrund der Verjährungsbestimmungen
des Strafgesetzes konnten ab Mitte der sechziger Jahre nur mehr die unmittelbar
Beteiligten an nationalsozialistischen Morden vor Gericht gestellt werden.
Das letzte Urteil wurde am 2. Dezember 1975 gefällt. Damit war die Verfolgung
von NS-Verbrechen in Österreich faktisch beendet.
(Wandtafel Nachkriegsjustiz / Haupttext)
Link: www.doew.at/service/ausstellung/content.html
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