www.nachkriegsjustiz.at
   
 


Ankündigung der Veranstaltung am Montag, 29. 10. 2009, 19.30 Uhr, in der Volkshochschule Wien-Brigittenau:


Mag. Dr. Claudia Kuretsidis-Haider
"Gibt es eine gerechte Justiz?"
Die Ahndung von NS-Verbrechen in Österreich durch alliierte und österreichische Gerichte

Nationalsozialistische Verbrechen wurden in Österreich nach 1945 sowohl durch alliierte als auch durch österreichische Gerichte geahndet. Für die Alliierten stand - in unterschiedlicher Intensität - v. a. die Entnazifizierung der österreichischen Gesellschaft im Vordergrund ihres Interesses, die Ahndung von NS-Verbrechen war Teil dieses Programms und von untergeordneter Bedeutung. Der überwiegende Teil des justiziellen Umganges mit den nationalsozialistischen Kriegs- und Humanitätsverbrechen oblag den österreichischen Gerichten. In den ersten zehn Nachkriegsjahren führten die eigens durch den Provisorischen Kabinettsrat 1945 eingerichteten sogenannten Volksgerichte, die nach österreichischen Gesetzen Recht sprachen, knapp 137.000 Verfahren wegen nationalsozialistischer Gewaltverbrechen sowie Formaldelikten (wie Illegalität und Hochverrat) durch. Nach der Abschaffung dieser besonderen Gerichtsbarkeit 1955 wurden NS-Verbrechen - in weitaus geringerer Zahl - von ordentlichen Gerichten geahndet. 1975 endete der letzte österreichische Prozess mit einem Urteil, das letzte Verfahren wurde 2005 wegen Tod des Beschuldigten eingestellt.
Inhalt des Vortrages ist der Vergleich der alliierten und der österreichischen Gerichtsbarkeit bei der Ahndung von NS-Verbrechen durch die Nachkriegsjustiz (Motive, Zielsetzungen, welche Verbrechen wurden geahndet) sowie eine Darstellung der Ahndung von NS-Verbrechen nach 1955. Neben der Präsentation statistischen Zahlenmaterials stehen vor allem Fallbeispiele im Mittelpunkt, anhand derer der justizielle Umgang in Österreich erläutert werden soll. Dabei wird sowohl auf unbekannte Gerichtsverfahren, wie den größten Prozesskomplex wegen nationalsozialistischer Verbrechen, die sechs Engerau-Prozesse zwischen 1945 und 1955, oder das große Auschwitz-Verfahren in den 1960er Jahren, als auch auf bekannte Prozesse, wie jenen gegen den Euthanasiearzt Heinrich Gross, eingegangen werden.

 


Abgelegt im Archiv am 10. Dezember 2009