Bericht über das Projekt
NS-Registrierung in Wien
"Entnazifizierung in Wien, dargestellt
anhand der Topografischen Protokolle der NS-Registrierung" – ein
Projekt des Vereins zur Erforschung nationalsozialistischer Gewaltverbrechen
und ihrer Aufarbeitung, gefördert von der Stadt Wien / Magistratsabteilung
7 (Wissenschafts- und Forschungsförderung)
Zusammenfassung der Ergebnisse
Unmittelbar nach Beendigung des Zweiten Weltkriegs kam es in Wien zu so genannten
"Vorregistrierungen", welche jedoch ohne gesetzliche Grundlage von
statten gingen. Die offizielle Registrierung war in den Bezirken 1–21
dann vom 4. bis zum 27. Juli 1945. Aufgrund nicht fristgerecht abgelieferter
Meldungen von Dienststellen wurde die Meldefrist schließlich bis zum
25. August 1945 verlängert. Vom 10. bis zum 24. September 1945 folgte
die Registrierung der Nationalsozialisten in den Bezirken 22–26. Diese
Registrierungszeiten sowie Nachregistrierungen brachten in Wien bis zum 16.
Feber 1946 eine Zahl von 102.209
gemeldeten Nationalsozialisten. 29,82 % davon waren Frauen. 85,65 % der 102.209
Nationalsozialisten brachten zugleich mit ihrer Meldung ein Nachsichtsgesuch
ein. Nachsichtsgesuche waren damit gleich wie in
den anderen Bundesländern auch in Wien statt der von den Behörden
intendierten Ausnahme die Regel. Für die im Zuge der NS-Registrierung
im Juli/August 1945 in den Bezirken eingereichten Nachsichtsgesuche standen
lediglich 14 rechtskundige Beamte zur Verfügung.
Diese personelle Ausstattung in Verbindung mit der immensen Zahl an individuell
zu begutachtenden Gesuchen ließ dieses Unterfangen praktisch undurchführbar
werden. An eine Auflegung der Registrierungslisten war somit nicht zu denken.
Erst die zweite Novelle des Verbotsgesetzes sowie der steigende Druck der
Alliierten ebneten den Weg hierzu. Die Registrierungslisten
wurden in Wien in der Zeit vom 25. April 1946 bis
einschließlich 22. Mai 1946 aufgelegt. In dieser Liste waren 108.405
Personen verzeichnet. 71,15 % davon waren Männer,
19,45 % als Illegale verzeichnet.
Bezüglich der Altersstruktur ist festzustellen, dass die 41–50-jährigen
mit 31,60 % die größte Gruppe vor jener der 51–60-jährigen
(28,32 %) bildeten. Was den Beruf der Registrierten anlangt, so war die Gruppe
der im öffentlichen Dienst
Angestellten mit 22,73 %
die am stärksten vertretene. Gegen die im April/Mai 1946 aufgelegten
Registrierungslisten wurden schließlich rund
24.000 Einsprüche erhoben. Die Behandlung dieser
Einsprüche nahm einen nur schleppenden Verlauf, sodass im Juni 1947 noch
immer nicht weniger als 17.340 Einsprüche unerledigt waren.
Mit dem Nationalsozialistengesetz vom Feber 1947 veränderte sich der
Kreis der Registrierungspflichtigen. Aufgrund dessen sowie des Umstandes von
der im Feber/März 1947 gebotenen Möglichkeit der straffreien Ergänzung
bzw. Berichtigung der NS-Meldeblätter erhöhte sich die Zahl
der in Wien Registrierten bis zum 30.
April 1947 auf 121.049. Die öffentliche Auflegung
der Registrierungslisten nach dem NS-Gesetz 1947 im September 1947 brachte
dann statt der erwarteten 8.000 Einsprüche deren 14.097. Damit waren
zu diesem Zeitpunkt insgesamt 28.655 Einsprüche unerledigt. Erst im Oktober
1951 konnte von der Behörde vermeldet werden, dass die Einspruchskommissionen
den größten Teil ihrer Arbeit bereits geleistet hätten.
Eine wesentliche Veränderung der Zahl der Registrierten brachte schließlich
das vom Nationalrat am 13. Juli 1949 einstimmig
beschlossene Bundesverfassungsgesetz über die Streichung
minderbelasteter Personen. In Wien waren 1949 nämlich
92,37 % der insgesamt 122.271 Registrierten
als Minderbelastete eingestuft.
Quellen
Das Projektergebnis ist Resultat der Durchsicht von Quellenmaterial des Wiener
Stadt- und Landesarchivs (Bestand M.Abt. 119, A 19), einschlägiger Sekundärliteratur
sowie der Bundesgesetzblätter.
Ausführlicher Projektbericht
Als PDF-Download
Der Projektbericht war Grundlage der Publikation "NS-Registrierung in Wien" in dem von Walter Schuster
und Wolfgang Weber herausgegebenen Band "Entnazifizierung im regionalen Vergleich" (Verlag
des Archivs der Stadt Linz 2004; 726 Seiten, € 29,--)
|