Gedenken und Mahnen in Niederösterreich und der Steiermark
Erinnerungszeichen zu Widerstand, Verfolgung, Exil
und Befreiung 1934 bis1945
Vorbemerkungen
"Gedenken und Mahnen in Niederösterreich und
der Steiermark. Erinnerungszeichen zu Widerstand, Verfolgung, Exil und Befreiung
1934 - 1945" ist ein Kooperationsprojekt des "Vereins zur Erforschung
nationalsozialistischer Gewaltverbrechen und ihrer Aufarbeitung", des
Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes (DÖW), der
Karl-Franzens-Universität Graz / Abteilung Zeitgeschichte und der Österreichischen
Akademie der Wissenschaften (Forschungsprogramm "Orte des Gedächtnisses").
Das Projekt baut auf dem vom Dokumentationsarchiv des österreichischen
Widerstandes (DÖW) durchgeführten Pilotprojekt "Gedenken und
Mahnen in Wien. Erinnerungszeichen zu Widerstand, Verfolgung, Exil und Befreiung
1934 - 1945" auf, zu dem 1998 eine gleichnamige 488-seitige Dokumentation
erschienen ist. Dies war die erste Erfassung von Gedenkstätten seit der
von Erich Fein 1975 erstellten und von der Arbeitsgemeinschaft der KZ-Verbände
herausgegebenen Dokumentation "Die Steine reden. Gedenkstätten des
österreichischen Freiheitskampfs - Mahnmale für die Opfer des Faschismus".
Projektdesign
Projektziel ist die Darstellung sowohl der Perspektive
der Erinnerungszeichen auf die Vergangenheit als auch des zeitgeschichtlichen
Kontextes der kollektiven Erinnerung für den Zeitraum 1934 bis 1945.
Das Kernstück der historischen Dokumentation stellt die Erfassung jener
Personen und Orte dar, auf die sich die gesellschaftliche Erinnerung an Widerstand,
Verfolgung, Exil und Befreiung bezieht. Durch Angaben über Alter, Beruf,
politische Aktivitäten und erlittene Verfolgungsmaßnahmen können
die Namen auf den Erinnerungszeichen mit konkreten Einzelschicksalen verknüpft
werden. Die Dokumentation versteht sich somit selbst als "Denkmal",
wobei neben den zentralen Gedenkstätten sowie namhaften Personen das
Schicksal und der Leidensweg unzähliger, nunmehr bereits in Vergessenheit
geratener Menschen in das Zentrum rückt. Darüber hinaus werden regionale
"Gedächtnisräume" als Orte gesellschaftlicher Erinnerung
erschlossen, wodurch auch eine "Topografie des Terrors" entstand.
Die Besonderheit von "Gedenken und Mahnen" gegenüber ähnlichen
Dokumentationen liegt vor allem in zwei Bereichen:
1. In der Recherche von biographischen Daten zu
den namentlich genannten Opfern. Durch die Angaben über Alter, Beruf,
politische Aktivitäten und erlittene Verfolgungsmaßnahmen können
die Namen (oft Namenslisten) auf den Erinnerungszeichen mit konkreten Einzelschicksalen
verknüpft werden. Die Dokumentation versteht sich somit selbst als ein
"Denkmal", wobei neben den zentralen Gedenkstätten sowie namhaften
Personen das Schicksal und der Leidensweg unzähliger, nunmehr in Vergessenheit
geratener Menschen rekonstruiert werden. Erst mit der Dokumentation von Einzelschicksalen
werden die Dimensionen der Gewaltherrschaft konkret und nachvollziehbar. Darüber
hinaus erfolgt mit der Kenntlichmachung der Stätten nationalsozialistischer
Gewaltausübung eine "Topografie des Terrors".
2. In der Dokumentation der Entstehungsgeschichte von Erinnerungszeichen -
den Daten der Errichtung, dem Verweis auf Anlass, Initiatoren und StifterInnen,
die Gestaltung der Enthüllungsfeier -, in der Wiedergabe der Textierung
von Denkmälern, Gedenktafeln und anderen Erinnerungszeichen ist es möglich,
ein differenziertes Bild der Gedächtniskultur und ihrer Entwicklungsphasen
in der Zweiten Republik nachzuzeichnen. Zudem lassen sich die Denkmäler
durch die Dokumentation des Entstehungsprozesses zeitlich einordnen und politisch
verorten; die StifterInnen, die Situierung im öffentlichen Raum etc.
ermöglichen Rückschlüsse auf den Stellenwert eines Erinnerungszeichens
und machen kenntlich, ob es sich um eine Gedenkstätte von lokalem Bezug
oder um ein für die überregionale Gemeinschaft konzipiertes Denkmal
handelt. Damit können die Dimensionen des jeweiligen Gedächtnisortes
als Schnittstelle von kommunalen, regionalen und auf den Gesamtstaat bezogenen
Gedenktraditionen transparent gemacht werden. Nicht zuletzt sind es auch die
Textierungen, aus denen sich "Sprachen der Erinnerung" und ihr Bedeutungswandel
ablesen lassen.
In einer ersten quantitativen Auswertung konnten für
die Gedächtnislandschaften Niederösterreichs und der Steiermark
bis jetzt Erinnerungszeichen für Widerstand, Verfolgung, Exil und Befreiung
v. a. zu folgenden Schwerpunkten eruiert werden:
· zur Widerstandstätigkeit von KommunistInnen
und SozialdemokratInnen (dazu zählen auch die Opfer des Bürgerkriegs
im Februar 1934 sowie die Widerstandstätigkeit von Angehörigen der
Arbeiterbewegung allgemein),
· zur konservativen Widerstandstätigkeit,
· zur Widerstandstätigkeit durch Angehörige des Klerus, von
Geistlichen bzw. Ordensleuten,
· zur militärischen Widerstandstätigkeit,
· zur Widerstandstätigkeit durch PartisanInnen,
· zur Widerstandstätigkeit, die keiner der genannten Kategorien
zuzuordnen ist
· zu Erinnerungszeichen, die im Gedenken
— an die Opfer des Holocaust,
— an ZwangsarbeiterInnen,
— für Opfer in Nebenlagern des KZ Mauthausen,
— für Opfer von Endphaseverbrechen (ZivilistInnen, Todesmärsche),
— für Euthanasieopfer,
— für Opfer zu Kriegsende allgemein,
— für KünstlerInnen, PolitikerInnen, WissenschafterInnen,
die entweder ins Exil gehen mussten od. politisch verfolgt wurden,
— für Deserteure und verfolgte Wehrmachtsangehörige
— sowie für Sinti und Roma
errichtet wurden.
Projektteam:
Dr. Heinz Arnberger
(DÖW), Prof. Herbert Exenberger
(DÖW), Mag. Heimo Halbrainer
(Karl-Franzens-Universität Graz - Abteilung Zeitgeschichte / Verein zur
Erforschung nationalsozialistischer Gewaltverbrechen und ihrer Aufarbeitung),
Mag. Dr. Claudia Kuretsidis-Haider
(Verein zur Erforschung nationalsozialistischer Gewaltverbrechen und ihrer
Aufarbeitung / DÖW).
Projektleiterin:
Dr. Heidemarie Uhl
(Karl-Franzens-Universität Graz / Abteilung Zeitgeschichte und der Österreichischen
Akademie der Wissenschaften - Forschungsprogramm "Orte des Gedächtnisses").
Das Projekt wurde bis jetzt finanziell unterstützt
von:
— Jubiläumsfonds der Österreichischen Nationalbank
— Nationalfonds der Republik Österreich
— Kulturabteilung des Landes Niederösterreich
— Kulturabteilung des Landes Steiermark
— Büro des niederösterreichischen Landesrats Mag. Wolfgang
Sobotka
— Stadt Graz
— Verein zur Erforschung nationalsozialistischer Gewaltverbrechen
— Zentrale österreichische Forschungsstelle Nachkriegsjustiz
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