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Stellungnahme der Zentralen österreichischen Forschungsstelle Nachkriegsjustiz vom 27. Dezember 2013 zu ihrer Rolle bei der Ausforschung der letzten noch lebenden österreichischen NS-Täter

Die Tageszeitung "Die Presse" veröffentlichte am 27. Dezember 2013 unter dem Titel "Österreichs zerbröselter Opfermythos" eine Rede der früheren Justizministerin Dr. Beatrix Karl , welche sie am 5. Dezember 2013 bei der Eröffnung der Konferenz "Kollaboration im Zweiten Weltkrieg und im Holocaust in Osteuropa" des Vienna Wiesenthal Institutes im Palais Trautson hielt. Darin ging sie unter anderem ausführlich auf die Aufgaben der Forschungsstelle Nachkriegsjustiz ein, der sie große Anerkennung zollte.
So sehr uns das ministerielle Lob für unsere Tätigkeit – insbesondere im Rahmen der im Bundesministerium für Justiz 2010 gebildeten "Arbeitsgruppe zur Ausforschung mutmaßlicher NS-Täter" – freut, sehen wir uns dennoch veranlasst, dem dadurch öffentlich erzeugten Eindruck entgegenzuwirken, als würde die Forschungsstelle Nachkriegsjustiz vom Bundesministerium für Justiz subventioniert oder gar eine Art offiziöse Einrichtung darstellen. Die Forschungsstelle wurde am 14. Dezember 1998 nicht zu dem Zweck gegründet, den Zustand zu beenden, dass "Verfahren gegen tatverdächtige Personen nicht auf Grund eigener Erkenntnisse eingeleitet", sondern "von außen an die österreichische Justiz herangetragen wurden". (Siehe dazu das Mission Statement der Forschungsstelle). Es handelt sich dabei – wie schon Bundesminister Dr. Nikolaus Michalek als Ehrengast der Gründungsversammlung betonte – um keine Institution der Justiz, wie etwa die Zentrale Stelle der deutschen Landesjustizverwaltungen in Ludwigsburg, sondern eine private Einrichtung, die die Tätigkeit der Staatsanwaltschaften und Gerichte dokumentiert und analysiert,
nachdem die Justiz tätig geworden ist.
Auch die Mitwirkung in der derzeit bestehenden Arbeitsgruppe beschränkt sich darauf, in einigen wenigen ausgesuchten Fällen (Auschwitz, Minsk, Aktion Reinhardt) die Akten vergangener Gerichtsverfahren nach "offen gebliebenen" Sachverhalten und möglicherweise noch vor Gericht zu stellenden Beschuldigten zu durchsuchen.
Zwar konnten auf Grund der Kompetenz und Sachkenntnis der mit den Aktendurchsicht beauftragten Personen dem Ministerium bereits Ergebnisse vorgelegt werden, aber es liegt wohl auf der Hand, dass es eine Fehlinterpretation der Ausführungen von Frau Bundesministerin a.D. Karl wäre, dass durch die Mitwirkung der Forschungsstelle Nachkriegsjustiz in der genannten Arbeitsgruppe die staatsanwaltschaftliche Ermittlungstätigkeit ersetzt werden könnte.
Diese Arbeit der Forschungsstelle wird seitens des Justizministeriums mit vergleichsweise geringen finanziellen Mitteln unterstützt, die nicht einmal die ohnedies niedrigen Lohnkosten abdecken. Sonstige finanzielle Zuwendungen durch die öffentliche Hand erhält die Forschungsstelle nicht. Die für die Forschungsstelle tätigen Personen haben – als ehrenamtlich tätigen oder über Drittmittel-finanzierten MitarbeiterInnen – ihre Arbeitsplätze im Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes, mit dem die Forschungsstelle seit 1998 in einer Bürogemeinschaft verbunden ist.
Neben unbezahlter Arbeitsleitung und der Einwerbung von Spenden finanziert sich die Forschungsstelle derzeit primär durch Übernahme von Recherche- und Kopier(Digitalisierungs)aufträgen – insbesondere des amerikanischen Holocaust Memorial Museums in Washington (USHMM).
Sollte die lobende Stellungnahme der scheidenden Ministerin ein erster Schritt sein, dass die Anerkennung der Leistungen der Forschungsstelle auch einen finanziellen Niederschlag findet, könnte dies tatsächlich dazu beitragen, die letzten noch lebenden, bisher ungestraft gebliebenen NS-Täter vor Gericht zu stellen. Denn eine Grundlage für die Ermöglichung später Gerechtigkeit wäre die gründliche Nachprüfung ungenügend geführter bzw. abgebrochener Ermittlungen in früheren Verfahren wegen NS-Verbrechen. Ein solches Programm ist mit der augenblicklichen finanziellen Ausstattung der Forschungsstelle Nachkriegsjustiz aber nicht einmal in bescheidenem Umfang realisierbar.

 

 


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. Dez. 2016