Gedenktafel Parlament (rechts vom Haupteingang)
1010, Dr. Karl Renner-Ring 3
Text:
Den Opfern
nationalsozialistischer Verfolgung
unter den Abgeordneten und Bundesräten
der Republik Österreich
Robert Danneberg
Anton Falle
Oskar Janicki
Felix Kanitz
Karl Klimberger
Karl Knapp
Hans Prodinger
Paul Johannes Schlesinger
Richard Steidle
Viktor Stein
Robert Stricker
Hans Sylvester
Diese Namen stehen
für alle Verfolgten jener Zeit
in der es kein freies Österreich gab
März 1988
Stifter: Österreichisches Parlament
Enthüllung der Gedenktafel am 11. März 1988 durch den Präsidenten
des Nationalrates Leopold Gratz.
Auf der Gedenktafel finden sich die Namen von zwölf Parlamentariern,
die von den Nationalsozialisten ermordet wurden:
Die Sozialdemokraten:
Dr. Robert Danneberg (geb. 23. 7. 1885) schloss sich bereits in seiner Jugend
der Sozialdemokratie an. Er war der erste Sekretär der Sozialistischen
Bildungszentrale, gehörte u. a. 1919 bis 1934 dem Nationalrat an, war
Sekretär der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei, Vorsitzender-Stellvertreter
des Klubs der sozialdemokratischen National- und Bundesräte und Vorsitzender
des Klubs der sozialdemokratischen Gemeinderäte und Bezirksvorsteher.
1932 wurde Danneberg Finanzstadtrat. Er war einer der ersten Verhafteten im
Zuge des Bürgerkrieges im Februar 1934. Nach seiner Entlassung konnte
er trotz strenger Überwachung Kontakt mit den Revolutionären Sozialisten
zu halten. 1938 wurde Danneberg von der Gestapo festgenommen und kam in die
KZ Dachau, Buchenwald und Auschwitz, wo er im Zuge der NS-Judenverfolgung
Ende 1942 ermordet wurde. Als offizielles Todesdatum gilt der 12. Dezember
1942.
Anton Falle (25. 3. 1886–15. 1. 1945), Abgeordneter, 1934 festgenommen,
wegen „Hochverrats“ zu einem Jahr schwerem Kerker verurteilt;
1944 NS-Haft, kam im KZ Dachau um.
Oskar Janicki (21. 6. 1883–8. 2. 1945), Abgeordneter, 1934 inhaftiert;
1944 NS-Haft, kam im KZ Dachau um.
Otto Felix Kanitz (geb. 5. 2. 1894), gelernter Installateur, war ab 1911 bei
den sozialdemokratischen Kinderfreunden tätig und gründete 1919
die erste „Kinderrepublik“ in Gmünd (Niederösterreich).
Als Schriftsteller gestaltete Kanitz von 1921 bis 1934 die Zeitschrift „Die
Sozialdemokratische Erziehung“. Von 1932 bis 1934 gehörte er dem
Bundesrat an. Im November 1938 von der Gestapo verhaftet, wurde Kanitz am
29. März 1940 im KZ Buchenwald ermordet.
Karl Klimberger (14. 11. 1878–Oktober 1943), Abgeordneter, kam im Zuge
der NS-Judenverfolgung im KZ Auschwitz um.
Karl Knapp (28. 11. 1888–4. 12. 1944) war vor 1934 sozialdemokratischer
Bundesrat und geschäftsführender Obmann der Postgewerkschaft. Er
wurde im August 1944 von der Gestapo verhaftet und ist am 4. 12. 1944 im KZ
ums Leben gekommen.
Paul Johannes Schlesinger (9. 7. 1874), Abgeordneter, 1934 im Anhaltelager
Wöllersdorf (Niederösterreich) inhaftiert; 1938/39 Gestapohaft,
im September 1944 neuerlich festgenommen, wurde in das KZ Auschwitz und von
dort in das KZ Groß-Rosen deportiert, wo er am 10. Februar 1945 umkam.
Viktor Stein (9. 7. 1876–28. 4. 1940), Abgeordneter, 1934 inhaftiert;
1938 wegen „Hochverrats“ angeklagt, kam im KZ Sachsenhausen um.
Die Christlichsozialen:
Dr. Richard Steidle (geb. 20. 9. 1881), Rechtsanwalt, Generalkonsul in Triest
(Italien) und Heimwehrführer, wurde nach dem „Anschluss“
(März 1938) verhaftet und im September 1938 in das KZ Buchenwald gebracht,
wo er am 30. 8. 1940 erschossen wurde.
Dipl. Ing. Hans Sylvester (geb. 10. 11. 1897), 1934–1938 Landeshauptmann
des Burgenlandes, wurde im Zuge des „Anschlusses“ (März 1938)
verhaftet und in das KZ Dachau gebracht, wo er am 19. Jänner 1939 umkam.
Der Jüdisch-Nationale Dipl. Ing. Robert Stricker (16. 8.
1879–1944), war 1919/20 Mitglied der Konstituierenden Nationalversammlung.
Er wurde im September 1943 in das Ghetto Theresienstadt und von dort im Oktober
1944 in das KZ Auschwitz–Birkenau deportiert, wo er umkam.
Der großdeutsche Abgeordnete Hans Prodinger (14. 11. 1887–5. 9.
1938) kam im KZ Dachau um.
Literatur/Quellen:
Gedenkkundgebung des Nationalrates und des Bundesrates aus Anlaß der
Enthüllung einer Gedenktafel für die Opfer nationalsozialistischer
Verfolgung unter den Abgeordneten und Bundesräten der Republik Österreich,
Wien 1988.
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