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Synagoge/Stadttempel

1010, Seitenstettengasse 4

Der von Josef Kornhäusel geschaffene Gebäudekomplex (Wiener Stadttempel/Amtsräume der Israelitischen Kultusgemeinde Wien) wurde in den Jahren 1824–1826 errichtet. Wenige Tage nach dem „Anschluss“ (März 1938) führte die SS eine Hausdurchsuchung durch. Während des Novemberpogroms 1938 („Reichskristallnacht“) wurde der Stadttempel wegen seiner Lage im verbauten Gebiet nicht in Brand gesteckt, wohl aber der Innenraum von NS-Formationen verwüstet.
Ab Herbst 1945 konnten in der vorerst provisorisch renovierten Synagoge wieder Gottesdienste gehalten werden.

Literatur/Quellen:
Genée, Pierre: Wiener Synagogen 1825–1938, Wien 1987, S. 47–52.


Gedenktafel in der Eingangshalle

Text:
Der Wiener Stadttempel,
der als einzige Synagoge Wiens
der völligen Zerstörung
im November 1938 entgangen ist,
wurde mit großzügiger finanzieller
Unterstützung der Republik Österreich
und der Stadt Wien generalsaniert.
Die Renovierung
des Wiener Stadttempels
wurde von der
Österreichischen Nationalbank,
anderen österreichischen Banken,
Versicherungsgesellschaften sowie
Institutionen der Sozialpartner
im Gedenken an ihre in den Jahren
1938–1945 aus rassischen
oder politischen Gründen
verfolgten Mitarbeiter und Funktionäre
finanziell gefördert.

Enthüllung der Gedenktafel im September 1988.


Zwei Gedenktafeln im Vorraum

1) Text:
Gedenktafel an die verewigten Oberrabbiner von Wien
die im Stadttempel gewirkt haben
[...]
Dr. Israel Taglicht
von 1936 bis 1938
[...]

Dr. David Israel Taglicht (geb. 9. 3. 1862) legte 1889 sein Examen am Rabbinerseminar Berlin ab und kam 1893 über Mährisch-Ostrau nach Wien. 1936 trat er die Nachfolge von David Feuchtwang als Oberrabbiner der Israelitischen Kultusgemeinde Wien an. Nach dem „Anschluss“ (März 1938) wurde er beim Verlassen der Synagoge von Nationalsozialisten abgefangen und mußte mit einem Boykottschild vor einem jüdischen Geschäft und einem Hotel stehen. Außerdem zwang man ihn zum Straßenwaschen. Bei diesen Schikanen trug Taglicht den Gebetsmantel. Er konnte nach England emigrieren und starb am 20. Dezember 1943 in Cambridge.

2) Text:
Dem Gedenken der jüdischen
Männer, Frauen und Kinder, die
in den schicksalsschweren
Jahren 1938–1945 ihr Leben ließen.

Stifter: Arthur Materno
Enthüllung der Gedenktafel am 2. April 1946 anläßlich einer Seelenandacht für die Gründer des Stadttempels.

Literatur/Quellen:
Fein, S. 40; Bericht des Präsidiums der Israelitischen Kultusgemeinde Wien über die Tätigkeit in den Jahren 1945 bis 1948, Wien 1948.


Gedenkstätte für Aron Menczer und die zionistische Jugend Wiens (im Vorraum)

Text:
Zum Gedenken
Betar
Gordonia
Hanoar-Hazioni
Haschomer
Hazair
Tchelet-Lawan
Makkabi-Hazair
Misrachi
Gewidmet den Madrichim
und Chawerim dieser
Jugendorganisationen,
welche, vereint in der JUAL, nach den Idealen
Aron Menczers s. A.
lebten und von ihm im
jüdischen Sinne geprägt wurden.

Zum Gedenken
Aron Menczer s. A.
1917–1943
Leiter der JUAL
Vorbild der Jugend
ein gläubiger Jude
den Menschen ein Freund
Zum Gedenken
ihrer Kindheit, ihrer
Jugend beraubt, haben
jüdische Jugendliche
durch die Bemühungen
Aron Menczers s. A.,
der sein Leben der
jüdischen Jugend Wiens
opferte, inmitten der
Schrecken der Jahre
1938–41 in der JUAL
Zuflucht gefunden.
Dort konnten sie, dort
durften sie noch
Kinder sein.

Stifter: Israelitische Kultusgemeinde Wien
Gestaltet von Thomas Feiger

Einweihung der Gedenkstätte am 3. Juni 1993. Im Zuge der Gedenkveranstaltung fanden ein Gottesdienst im Wiener Stadttempel, die Eröffnung der Ausstellung „Im Gedenken an Aron Menczer“ und die Präsentation der Publikation „Trotz allem ... Aron Menczer 1917–1943“, herausgegeben von der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, statt.

Aron Menczer (geb. 18. 4. 1917) wandte sich früh der zionistischen Jugendbewegung zu und wurde Jugendleiter der zionistisch-sozialistischen Jugendbewegung Gordonia. Im September 1939 betraute man ihn mit der Leitung der Jugendalijah (JUAL), der Einwanderungsbewegung für Jugendliche nach Palästina (1010, Marc Aurel-Straße 5). Am 24. September 1942 wurde Menczer in das Ghetto Theresienstadt deportiert, wo er unverzüglich seine Jugendarbeit wiederaufnahm. Er war einer der Betreuer der im August 1943 aus dem Bialystoker Ghetto in das Ghetto Theresienstadt überstellten jüdischen Kinder. Menczer begleitete diese Kinder auf ihrer Deportation nach Auschwitz und wurde mit ihnen am 7. Oktober 1943 im Vernichtungslager Auschwitz–Birkenau ermordet.

Literatur/Quellen:
Aron Menczer zum Gedenken, in: Die Gemeinde, Nr. 422, 15. 4. 1993; Gedenkveranstaltung für Aron Menczer s. A., in: Die Gemeinde, Nr. 425/426, 13. 7. 1993.


Gedenktafel in der Synagoge

Text:
Im Gedenken an alle
Arbeiter und Angestellten der
Israelitischen Kultusgemeinde Wien,
die dem grauenvollen Naziterror zum Opfer
gefallen sind.

Stifter: Die Belegschaft der Israelitischen Kultusgemeinde Wien
Anbringung der Gedenktafel im Juni 1989.

In der Synagoge erinnern noch zahlreiche von Angehörigen gestiftete Gedenktafeln an Opfer der nationalsozialistischen Judenverfolgung.


Gedenkraum für die österreichischen Holocaust-Opfer

(Foto folgt)


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