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Gedenkkreuze und Gedenksteine

1110, Simmeringer Hauptstraße 234/Zentralfriedhof Tor 2 Gruppe 40


In den Schachtgräbern dieser Gruppe wurden die während der NS-Herrschaft im Wiener Landesgericht durch das Fallbeil hingerichteten Menschen verscharrt. Jeweils am Tage der Urteilsvollstreckung verständigte der Vorstand der Untersuchungshaftanstalt Wien I, Landesgerichtsstraße 11, streng vertraulich die Verwaltung des Zentralfriedhofes über die Überstellung der Leichen. In einem solchen Schreiben vom 8. November 1944 heißt es etwa über die Beerdigung von fünfzehn hingerichteten Personen:


„Ich nehme Bezug auf die mit der Gemeinde Wien, städt. Leichenbestattung unter Dr. Rö/Z am 11. 2. 1943 getroffene Vereinbarung und teile mit, dass nachbenannte zum Tode Verurteilte heute hingerichtet werden. Die Leichen werden durch die Gemeinde Wien in den Abendstunden, etwa 18 Uhr 30 von der ho. Untersuchungshaftanstalt in die gesperrte Abteilung des dortigen Friedhofes übergeführt, und bitte ich die Beerdigung sofort durchführen zu lassen. Die Leichen sind den Angehörigen zur Beerdigung nicht freigegeben, es darf daher außer den Polizeibeamten an der Beerdigung niemand teilnehmen. [...] Das Polizeiamt Simmering und die Geheime Staatspolizei ist von der Überführung von hier aus in Kenntnis gesetzt worden.“
In den Schachtgräbern der Gruppe 40 wurden auch vier amerikanische Flieger bestattet, die 1946 enterdigt und in die USA überführt wurden. Ebenfalls in der Gruppe 40 wurden in der Folge beigesetzt: aus der Gruppe 37 die in der Zeit vom 30. Juni bis 28. Oktober 1942 im Landesgericht Wien hingerichteten Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfer, aus der Gruppe 41 A die Leichen von Opfern, die im anatomischen Institut gefunden und in den Jahren 1952 bis 1957 ohne staatliche Ehren und ohne religiöse Zeremonie beerdigt wurden.

Heute erinnern in der Gruppe 40 neben vereinzelten Grabsteinen für die im Wiener Landesgericht enthaupteten Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfer ein großes Holzkreuz und mehrere Gedenksteine an die nach 1945 zusätzlich durchgeführten Bestattungen von Opfern des nationalsozialistischen Terrorregimes.
Am 1. November 1945 gedachte die Stadt Wien auf dem Zentralfriedhof, Gruppe 40, in einer Gedenkfeier jener Opfer des Nationalsozialismus, die im Wiener Landesgericht enthauptet wurden. In seiner Gedenkrede kam Bürgermeister Theodor Körner auch auf den Zustand der Grabstätte zu sprechen und meinte dazu: „Die Stadt Wien hat diese Feier am Tage der Toten veranstaltet, um allen Opfern faschistischer Unterdrückung, welcher politischen Richtung immer sie angehört haben mögen, ihren Gruß zu entbieten. Die Stadt Wien wird, was sterblich war an den Blutzeugen des Faschismus, in einer gemeinsamen, würdigen Grabstätte bestatten, diese Grabstätte mit einem Denkmal schmücken und dieses Heldengrab der Freiheit in ihre besondere Obhut nehmen.“
Es sollten jedoch noch mehrere Jahre vergehen, ehe die Grabstätte zu einer würdigen Erinnerungsstätte umgestaltet wurde. In all diesen Jahren protestierten und intervenierten die Opferverbände, vor allem der KZ-Verband, gegen den unwürdigen Zustand der Grabstätte. Von der Absicht, die Leichen der in der Gruppe 40 begrabenen Opfer zu exhumieren und sie beim Mahnmal zu bestatten, ging die Stadt Wien ab und machte die Gruppe 40 zur Mahn- und Gedenkstätte der Hingerichteten.

Literatur/Quellen:
Fein, S. 28 f.; Die erste Liste der Wiener Opfer des Naziterrors, in: Neues Österreich, 12. 6. 1945; K.H.H.: Die Gräber fordern Sühne, in: Neues Österreich, Nr. 44, 12. 6. 1945; Die Gräber fordern Sühne. Zweite Liste von auf dem Wiener Zentralfriedhof beerdigten Hingerichteten, in: Neues Österreich, 12. 8. 1945; „Forschungskommission“ für ermordete Freiheitskämpfer, in: Österreichische Volksstimme, 4. 10. 1945; Gedenkfeier der Stadt Wien am Zentralfriedhof, in: Rathaus-Korrespondenz, 2. 11. 1945; Wien ehrt die Opfer des Naziterrors, in: Arbeiter-Zeitung, 3. 11. 1945; Gedenkfeier für die Opfer des Freiheitskampfes, in: Neues Österreich, 3. 11. 1945; „Unsterbliche Opfer, ihr sanket dahin“, in: Österreichische Zeitung, 3. 11. 1945; Ehrung der Opfer des Faschismus durch die Gemeinde Wien, in: Rathaus-Korrespondenz, 19. 9. 1946; Die Gräber der Freiheitskämpfer am Wiener Zentralfriedhof, in: Rathaus-Korrespondenz, 24. 10. 1946; Die Gräber der Freiheitskämpfer, in: Österreichische Volksstimme, 25.10. 1946; R.J.: Am Grabe der Opfer des Faschismus, in: Arbeiter-Zeitung, 1. 11. 1946; P.R.: Gräber mahnen, in: Stimme der Frau, Nr. 44, 2. 11. 1946; Ein Grabdenkmal für die Naziopfer auf dem Zentralfriedhof, in: Österreichische Zeitung, 4. 4. 1947; Die Gedenkfeiern bei den Heldengräbern, in: Rathaus-Korrespondenz, 12. 4. 1947;Die Gräber der Opfer der Freiheit, in: Österreichische Volksstimme, 23. 5. 1947; Kock, Erwin: Vergessene Gräber, in: Der neue Mahnruf, Nr. 1, 1. Oktober 1948; Johann Zak und Hermann Plackholm gefunden, in: Der neue Mahnruf, Nr. 11, Mitte November 1949; Niemals vergessen Karl Dluhosch und Karl Bazelt, in: Der sozialistische Kämpfer, Nr. 4/6, Juni 1950; Die Schande der 40er-Gruppe, in: Der neue Mahnruf, Nr. 10, Oktober 1952; Statt Ehrengräber eine Gstätten, in: Österreichische Volksstimme, 2. 10. 1952; Antworten Sie, Herr Bürgermeister! Die Schande der antifaschistischen Heldengräber, in: Österreichische Volksstimme, 16. 10. 1952; Die Helden des Rot-Weiß-Rot-Buches — in einer Gstätten verscharrt, in: Österreichische Volksstimme, 17. 10. 1952; Die Schande der 40er Gruppe, in: Österreichische Volksstimme, 19. 10. 1952; Hinterbliebene der Freiheitskämpfer protestieren beim Bürgermeister, in: Österreichische Volksstimme, 22. 10. 1952; Würdige Grabstätten für die ermordeten Freiheitskämpfer, in: Der Abend, 22. 10. 1952; Politische Hetze mit Toten, in: Arbeiter-Zeitung, 23. 10. 1952; Gräber der Freiheitskämpfer werden geschmückt, in: Österreichische Volksstimme, 24. 10. 1952; Die Märtyrergräber in der „Gruppe 40“, in: Österreichische Volksstimme, 25. 10. 1952; Würdige Grabstätten den Helden Österreichs, in: Der neue Mahnruf, Nr. 11, November 1952; Würdige Grabstätten für unsere Märtyrer, in: Der neue Mahnruf, Nr. 2, Februar 1953; Eine würdige Grabstätte für unsere Helden, in: Der neue Mahnruf, Nr. 6, Juni 1953; Wo bleibt die würdige Ausgestaltung der Gräber auf dem Zentralfriedhof?, in: Der neue Mahnruf, Nr. 10, Oktober 1953, 40er Gruppe soll Ehrenhain werden, in: Der neue Mahnruf, Nr. 6, Juni 1954; NS-Opfer bis 1957 in der „Anatomie“, in: Kurier, 16. 1. 1962; Geköpfte lagen 15 Jahre im anatomischen Institut, in: Kurier, 17. 1. 1962; Pietätlos, in: Neues Österreich, 17. 1. 1962; Wird unwürdige Bestattung justifizierter Freiheitskämpfer jetzt untersucht?, in: Volksstimme, 19. 1. 1962; Die Ausgestaltung der 40er Gruppe, in: Der neue Mahnruf, Nr. 2, Februar 1962.


Gedenkkreuz

Text:
Den Opfern
des Nazismus
die für
Österreich starben

Stifter: Bundesverband der österreichischen KZler, Häftlinge und politisch Verfolgten

Die Einweihung des Gedenkkreuzes fand am 1. November 1948 statt. Ansprachen hielten Gustav Wegerer für den Bundesverband der österreichischen KZler, Häftlinge und politisch Verfolgten, Geistlicher Rat Anton Mühlbauer, Pastor Erwin Kock und ein Vertreter der Israelitischen Kultusgemeinde.

Literatur/Quellen:
Sammelaktion für das Gedenkkreuz, in: Der neue Mahnruf, Nr. 1, 1. 10. 1948; Einweihung des Gedenkkreuzes der Naziopfer auf dem Zentralfriedhof, in: Österreichische Volksstimme, 30. 10. 1948; Der Mund der Toten ist verschlossen, der unsere aber spricht!, in: Österreichische Volksstimme, 3. 11. 1948; Den Toten zur Ehre — Den Lebenden zur Lehre, in: Der neue Mahnruf, Nr. 2, 15. 11. 1948.


Gemeinsames Grab der Ermordeten aus dem KZ Hinterbrühl
Gedenkstein

Text:
Hier fanden
von der SS ermordete Häftlinge
des KZ-Neben-Lagers Hinterbrühl
ihre letzte Ruhestätte.

In der Osternacht 1945 wurden im Nebenlager Hinterbrühl des KZ Mauthausen fünfzig kranke Häftlinge von SS-Angehörigen mit Benzininjektionen getötet. Die Leichen wurden 1946 exhumiert und in der Gruppe 40 beigesetzt.


Gemeinsames Grab der Ermordeten von Hadersdorf am Kamp
Gedenkstein

Text:
Zum Gedenken an die
hier ruhenden politischen Häftlinge,
die im April 1945
in Hadersdorf am Kamp
erschossen wurden.
Die Gedenkfeier für die ermordeten Häftlinge fand am 11. Mai 1946 statt. Gedenkreden hielten die namentlich nicht eruierbaren Vertreter der ÖVP und SPÖ, Karl Steinhardt für die KPÖ und Josef Kohl für die Volkssolidarität.

SS-Angehörige erschossen am 7. April 1945 an der Mauer des Hadersdorfer Friedhofes 61 politische Häftlinge des Zuchthauses Stein/Donau (Niederösterreich), die am 6. April 1945 vom Gefangenhausdirektor Franz Kodré entlassen worden waren. Auf Ansuchen der Volkssolidarität wurden die Leichen 1946 exhumiert, vom Gerichtsmedizinischen Institut untersucht und in der Gruppe 40 beigesetzt.

Literatur/Quellen:
Beerdigung von Naziopfern, in: Arbeiter-Zeitung, 10. 5. 1946; „Sie starben, damit wir leben können!“, in: Österreichische Volksstimme, 12. 5. 1946; Trauerfeier für die Opfer von Hadersdorf, in: Österreichische Zeitung, 12. 5. 1946.


Aschenurne aus Auschwitz
Gedenktafel

Text:
Hier liegt
Asche
ermordeter
Auschwitzer Häftlinge
die von einer
österr. Delegation
nach Wien überführt wurde

Stifter: Lagergruppe Auschwitz
Die Beisetzung der Aschenurne fand am 1. November 1952 statt. Gedenkreden hielten Otto Horn für den Bundesverband österreichischer Widerstandskämpfer und Opfer des Faschismus (KZ-Verband) und Franz Danimann für die Lagergemeinschaft Auschwitz.
Die Asche wurde in einer Glasurne von einer österreichischen Delegation, die bei einer internationalen Gedenkkundgebung in Polen war, nach Wien gebracht.

Literatur/Quellen:
Unsterbliches Vorbild für die Jugend. Gedächtnisfeier vor der 40er-Gruppe im Zentralfriedhof — Eine Urne mit der Asche unbekannter Freiheitskämpfer feierlich beigesetzt, in: Österreichische Volksstimme, 4. 11. 1952.


Urne mit Erde aus dem KZ Buchenwald
Gedenkstein

Text:
Die hier beigesetzte Erde
aus dem deutsch-nazistischen
Konzentrationslager
Buchenwald
ist durch das Blut
unserer dort ermordeten
Kameraden geheiligt

Stifter: Lagergruppe Buchenwald
Die Urne mit Erde aus dem KZ Buchenwald wurde von einer österreichischen Delegation nach Wien gebracht und am 1. November 1954 beigesetzt.

Literatur/Quellen:
Gedenkfeiern für die Opfer des Faschismus, in: Österreichische Zeitung, 30. 10. 1954; Gedenkkundgebungen zu Allerheiligen und Allerseelen, in: Österreichische Volksstimme, 31. 10. 1954.


Gemeinsames Urnengrab
Gedenkstein

Text:
Zum Gedächtnis
an die hier beigesetzte Asche
von mehr als 1600 Opfern
der NS-Gewaltherrschaft 1938-1945
vor allem aus den Konzentrationslagern
und Euthanasieanstalten
Auschwitz, Brandenburg, Buchenwald, Dachau, Flossenbürg,
Fürstenberg, Hartheim, Mauthausen, Ravensbrück und Weimar.
Sie starben für Österreich

1975 wurde begonnen, die Asche der ermordeten Häftlinge aus dem Urnenhain des Krematoriums zu exhumieren und in der Gruppe 40 beizusetzen.


Gedenkstein

Text:
Zum Andenken an einundzwanzig
hingerichtete Teilnehmer
der Widerstandsbewegung
in Mähren, die ihr Leben für die
Befreiung der CSR geopfert haben
1943
Filomena Danková a Silvestr Danek z Kostelan
Petr Kadles, Alois Oharek a Josef Oharek z Traplic
Anna Kucerová a Ludmilla Peckova z Vehleradu
Anna Kudilková, Frantisek Kudilek a Bohdan Šturm ml. z Veseli u. m.
Filomena Roszypalavá, Cyril Rozsypal a Marie Sochorová z Chropyné,
Bernard Remeš, Ludmilla Remešová, Josef Remeš, Klara Remešová,
Ignac Remeš a Marie Škrabalava z Jankovic
Rudolf Mazurek ze starého mesta, Cyril Remeš z Košiku

Enthüllung des Gedenksteins am 5. November 1994.
Im Juni 1942 landeten, aus England kommend, in der Nähe von Pilsen (Westböhmen) zwei tschechische Soldaten. Sie schlugen sich bis an die Grenze zwischen Mähren und der Slowakei durch, wo sie in der Stadt Uhevske Hradište eine Widerstandsgruppe organisierten, die mehrere Sabotageakte durchführte. Anfang 1943 bekam die Brünner Gestapo durch Konfidenten Informationen über die Widerstandsgruppe und startete eine umfangreiche Aktion, bei der an die hundert Frauen und Männer verhaftet wurden. Im Juni 1943 fand in Uhevske Hradište ein Standgerichtsverfahren gegen sie statt, bei dem viele zu langen Haftstrafen und 36 Personen zum Tode verurteilt wurden. Eine Gruppe der Todeskandidaten wurde in Prag, 21 Frauen und Männer am 30. Juni 1943 im Wiener Landesgericht hingerichtet. An sie erinnert dieser Gedenkstein.

Literatur/Quellen:
Gedenktafel auf dem Wiener Zentralfriedhof für mährische Widerstandskämpfer, in: Der neue Mahnruf, Nr. 12, Dezember 1994.


Mahnmal für Wiener Opfer des Bombenkrieges

Text:
Hier ruhen
über 400 Opfer
des Bombenkrieges
1944–1945

Stifter: Bundesministerium für Inneres
Gestalter: Leopold Grausam jun.
Enthüllung des Mahnmals am 2. November 1982 durch Innenminister Erwin Lanc.

In diesem Massengrab wurden mehr als 400 Menschen beigesetzt, die bei den Luftangriffen auf Wien in den Jahren 1944 und 1945 getötet wurden.

Literatur/Quellen:
Denkmal für die Opfer des Bombenkrieges, in: Rathaus-Korrespondenz, 28. 10. 1982; Erstes Mahnmal für Wiener Bombentote. Philipp-Hof: Garage vor Gedenkstein, in: Die Presse, 2. 11. 1982.



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