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Elisabeth Welzig und Ernst Kilian, Zwischen den Welten. Kurt Steiner: Ein Wiener beim Tokioter
Kriegsverbrecherprozess, Wien 2002, 172 Seiten.
Mandelbaum, Preis: 18,90 €

Aus der Rezension von Prof. Gerhard BOTZ im "Standard"

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Kurt Steiner, 1912 in Wien geboren, Sohn eines kleinen jüdischen Fleischhauers, Dr. jur. der Universität Wien, war schon am Beginn einer - wahrscheinlich glänzenden - Rechtsanwaltskarriere gestanden, als er im April 1938 vor den Nationalsozialisten in die USA hatte fliehen müssen.

[...] arbeitete Steiner daran mit, dass die Nachkriegsordnung im Fernen Osten - bzw. Westen - von der Idee einer internationalen strafrechtlichen Sanktionierung von Verbrechen, die während eines Krieges begangen wurden, geleitet sein sollte. Der Nürnberger Prozess gegen die NS-Hauptkriegsverbrecher war dafür der legistische und prozedurale Bezugspunkt, auch wenn die aus der japanischen Militär- und Diplomatenkaste ausgewählten elf Angeklagten nicht mit den Verantwortlichen des Dritten Reiches gleichzusetzen waren, erst recht nicht nach dem damaligen Wissensstand und selbst nicht nach den heutigen Beurteilungskriterien über die Massaker an (meist chinesischen und anderen asiatischen) Kriegsgefangenen und Frauen.

In der von den österreichischen Journalisten Elisabeth Welzig und Ernst Kilian, mit ausgiebiger Interviewunterstützung durch Kurt Steiner, verfassten und leicht lesbaren Biografie ist davon ausführlich die Rede. Der Leser kann manchen Blick hinter die Kulissen eines - heute in der breiten Öffentlichkeit fast vergessenen - internationalen Strafgerichtshofes tun, der neben Nürnberg zum wichtigen Ansatzpunkt einer Wiederbelebung der Idee und der Institutionen eines internationalen Gerichtshofs zur Verfolgung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit wurde. Steiner macht, zitiert in dem Buch, auch daraus kein Hehl, dass er den Tokioter Prozess in vielem als halbherzige "Schaufensterjustiz" beurteilt und dem politischen Verhalten seines Landes auf dem Gebiet des Völkerrechts seit Vietnam sehr kritisch gegenübersteht. Insbesondere sieht er es, wie die Verfasser schreiben, als juristisch und moralisch bedenklich, dass die USA seit Jahren die Installierung eines Internationalen Gerichtshofs im Rahmen der UNO, der die Verwirklichung der Ideen von Nürnberg und Tokio sein könnte, blockieren.
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Der Standard
26./27. Juli 2003, Seite Alb_6