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Otto Triffterer (1931-2015)

Am 1. Juni 2015 verstarb der Ehrenpräsident der For- schungsstelle Nachkriegsjustiz Otto Triffterer, emeritierter Professor der Universität Salzburg, im 85. Lebensjahr.
Otto Triffterer studierte in Freiburg und Breisgau sowie an der Bostoner Harvard University. Ein Forschungsstipendium am Freiburger Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht ermöglichte ihm eine gründliche "Dogmatische Untersuchung zur Entwicklung des materiellen Völkerstrafrechts seit Nürnberg" – so der Titel seiner Dissertation. 1966 promovierte er 1966 bei Hans-Heinrich Jescheck, der als erster in Deutschland internationales Strafrecht unterrichtete. Es folgten Lehraufträge zunächst in Freiburg selbst, dann in Kiel, sowie Professuren in Bielefeld und Gießen.
In diesen Jahren zählte Triffterer zu den wenigen, die sich weiter unermüdlich für die Gründung eines Internationalen Strafgerichtshofs einsetzten und nahm an jenen beiden Konferenzen 1971 und 1972 in Wingspread am Michigan- See und Bellagio am Como-See teil, die den Entwurf für ein Statut eines solchen International Criminal Court ausarbeiteten.
1978 wurde Otto Triffterer als ordentlicher Universitäts- professor für österreichisches und internationales Strafrecht und Strafprozessrecht an die Universität Salzburg berufen. Dort wirkte er zwei Jahrzehnte, darunter sechs Jahre als Dekan der Rechtswissenschaftlichen Fakultät, und blieb auch noch nach seiner Emeritierung aktiv. Er rief die Salzburg Law School on International Criminal Law, Humanitarian Law and Human Rights Law ins Leben, die jeden Sommer Interessierte und Fachleute aus verschie- denen Ländern versammelt und immer "hochkarätige" Vortragende, darunter Richter und Vertreterinnen der Anklagebehörde bei den Gerichtshöfen in Den Haag, nach Salzburg lockt. Die Summer School wird, wie die Universität Salzburg ankündigte, unter der Leitung von Triffterers langjährigen Mitarbeiterin Astrid Reisinger Coracini fort- gesetzt.
Mit dem Internationalen Strafgerichtshof / International Criminal Court (ICC) war er ganz besonders verbunden. In den 1990er Jahren beteiligte er sich an den Vorbereitungen der Konferenz, die in Rom 1998 das "Rom-Statut" des ICC beschloss. 1999 erschien die erste Auflage seines gemeinsam mit 51 ExpertInnen aus 25 Ländern verfassten Kommentars zum Rom-Statut: Triffterer, Commentary on the Rome Statute of the International Criminal Court, 1999; 2. Aufl. 2008. Die 3., gemeinsam mit Kai Ambos (Hannover) vorbereitete Auflage ist für Ende 2015 angekündigt.

Triffterer engagierte sich aber auch in der österreichischen Politik: Der Tod des nach Nigeria zurück geschickten Flüchtlings Marcus Omofuma, der am 1. Mai 1999 von Beamten des österreichischen Innenministeriums in einem Flugzeug zwischen Wien und Sofia so gefesselt wurde, dass er erstickte, erschütterte ihn zutiefst. Er fand es erforderlich, die Tätigkeit der Polizeiorgane durch unabhängige Menschenrechtsexperten zu kontrollieren. Gemeinsam mit anderen Spitzen-Juristen bot er sein Know-How für unangemeldete Besuche in Polizeianhaltezentren und anderen Haftanstalten sowie für die Beobachtung von Polizeieinsätzen bei Razzien, Demonstrationen und anderen Großveranstaltungen sowie bei Flugabschiebungen an. Das Bundesministerium für Inneres richtete noch 1999 einen Menschenrechtsbeirat ein, der im Jahre 2000 durch regionale Kommissionen ergänzt wurde. 2012 wurde der Beirat der Volksanwaltschaft angegliedert. Sechs Jahre lang leitete Otto Triffterer die für Oberösterreich und Salzburg zuständige Kommission "OLG Linz" des Beirats.
Am 7. Mai 2001 wurde Triffterer zum Präsidenten der Zentralen österreichischen Forschungsstelle Nachkriegs- justiz gewählt. Seine Motive hat er in einem Interview dargelegt.
2006 übergab Triffterer seine Funktion an den Vizerektor der Universität Graz, den Rechtshistoriker Prof. Martin Polaschek. Die Generalversammlung wählte ihn zum Ehrenpräsidenten der Forschungsstelle.
Seine profunde Sachkenntnis und sein Bestehen auf größtmöglicher Exaktheit insbesondere bei gedruckten Texten machten seine Veröffentlichungen – darunter auch ein umfangreiches Lehrbuch des österreichischen Strafrechts – zu Standardwerken. Gleichzeitig zeichnete ihn eine unaufdringliche Art im persönlichen Umgang, wenn er beispielsweise auf Fehler hinwies, und ein freundlicher Humor aus, der die Zusammenarbeit mit ihm zu einem Erlebnis machte.


W.R.Garscha






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Prof. Triffterer bei der Tagung der FStN "Genocide on Trial" in Graz, 23./24.3.2006