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Der Außensenat Ried im Innkreis

Aus: Claudia Kuretsidis-Haider / Winfried R. Garscha, Das Linzer Volksgericht. Die Ahndung von NS-Verbrechen in Oberösterreich nach 1945, in: Fritz Mayrhofer/Walter Schuster (Hrsg.), Nationalsozialismus in Linz, Linz 2001, Bd. 2, S. 1494–1496.


Am 24. Februar 1947 verfügte das Präsidium des LG Linz, daß auch in Ried/Innkreis ein Senat des Volksgerichts Linz eingerichtet werden sollte, um dort Hauptverhandlungen durchzuführen. Als Vorsitzender wurde Kreisgerichtspräsident Dr. Rudolf Watzek-Mischan, eingesetzt, sein Stellvertreter war OLGR Dr. Ludwig Baltinester. <Anm. 82> Dem Außensenat Ried wurden die Volksgerichtsfälle vom Präsidium des Landesgerichtes Linz zugeteilt und dazu jene Strafsachen ausgewählt, in denen Angeklagte und Zeugen ihren Wohnsitz im Sprengel des Kreisgerichts Ried hatten. Für die dem Außensenat Ried des Volksgerichtes Linz zur Durchführung der Verhandlungen zugeteilten Akten wurde auch beim Kreisgericht Ried ein Hv-Register angelegt. Es wurde in den Urteilsausfertigungen neben der Vr-Zahl auch immer die Hv-Zahl angeführt, wobei im Aktenzeichen das Gattungszeichen "Hv-Ried" hinzugefügt wurde. Die Akten wurden im Hv-Register nach der Urteilsausfertigung und Erlassung der Endverfügungen abgestrichen und an das Volksgericht Linz zurückgesendet. <Anm. 83>
Trotz der wesentlich geringeren Zuteilung als Salzburg hatte auch der Außensenat in Ried am 31. Dezember 1947, bei einem Anfall von 137 Volksgerichtssachen 75, und am 16. November 1948, bei einem Anfall von 191 Volksgerichtssachen, noch 95 unerledigte Hv-Akten (davon 9 aus dem Jahr 1947).
Den Vorsitz führten zu diesem Zeitpunkt abwechselnd Kreisgerichtspräsident Dr. Watzek-Mischan und OLGR Dr. Berg.
<Anm. 84>

Tabelle 11: Beim Kreisgericht Ried (Volksgerichtssenat) befanden sich am 16. November 1948 noch folgende unerledigte Hv-Akten (Statistik des LG Linz, Volksgericht, 18. November 1948): <Anm. 85>

1946

1947 1948 Gesamt
0 9 96 95

Bei einer Amtsuntersuchung im Mai 1949 wurde festgestellt, daß von den 1947 zugeteilten Fällen noch 2 unerledigt und von den im Jahre 1948 zugewiesenen Akten noch 48 offen waren. Der Gerichtsinspektor kritisierte
eine Verhandlungsmüdigkeit [...] insbesondere im Hinblick auf die durch die Presse schon vor längerer Zeit angekündigte Novellierung des Verbotsgesetzes 1947, wonach die weitere Strafverfolgung der Verbrechen nach §§ 8, 10 VG und gewisser Formaltatbestände nach §§ 10, 11 VG entfallen soll. Die Vorsitzenden wollen daher diese Fälle nicht mehr zur Ausschreibung bringen und das Ergebnis der angestrebten Novellierung des Verbotsgesetzes 1947 abwarten. Ich habe die Vorsitzenden darauf aufmerksam gemacht, daß [...] im Falle der anhängigen Verfahren nach dem Verbotsgesetz keine Weisung bisher erging, mit der Durchführung der Verhandlung solcher Anklagen zuzuwarten und daher diese Verfahren nach wie vor fortzusetzen sind.
Seit 1. Jänner 1949 wurde durchschnittlich nur mehr einmal alle vierzehn Tage verhandelt. Der Gerichtsinspektor wohnte mehreren Volksgerichtsverhandlungen bei und beurteilte die Verhandlungsführung des Vorsitzenden als positiv. Als Problem sah er an, daß es dem Vorsitzenden und dem Beisitzer (die beiden beim Volksgericht tätigen Vorsitzenden wechselten sich in der Vorsitzführung ab und waren jeweils bei der anderen Verhandlung Beisitzer) oftmals nicht gelang, die Schöffen von der richtigen Auslegung und Anwendung des Verbotsgesetzes 1947 zu überzeugen, insbesonders wenn es sich um Anklagen gg. die sogenannten "österreichischen Legionäre" handelt, die gerade im KG-Sprengel Ried sehr häufig sind. Vom OGH wurden bis zum Stichtag 17 Urteile im Überprüfungsverfahren aufgehoben. Der Gerichtsinspektor stellte sogar die Überlegung an, mit Rücksicht auf diese Umstände zu erwägen, ob der Außensenat Ried des Volksgerichtes Linz nicht aufzulassen, bzw. die Zuweisung von weiteren Fällen zur Durchführung der Verhandlungen an diesen Außensenat einzustellen wäre.
<Anm. 86>

Tabelle 12: Volksgerichtssachen Linz, Senat Ried/Innkreis (Stichtag 2. Mai 1949):<Anm. 87>

Jahr

Anfall davon noch unerledigt

1946

0 0

1947

137 2

1948

191 48

bis 30.5.1949

27 17


Da es beim Kreisgericht in Ried bis 1955 keine Amtsüberprüfung mehr gegeben haben dürfte, konnten keine weiteren Hinweise über die Tätigkeit dieses Außensenates des Volksgerichts Linz gefunden werden.

 

Anmerkungen:

<Anm. 82>
Oberlandesgericht Linz, Justizverwaltungsakt "Volksgericht", Verfügung des Präsidiums des LG Linz (24. Februar 1947), Jv 2449-3/47.

<Anm. 83>
ÖStA/AdR, BMJ, Sektion III/Kanzlei A, Karton Nr. 120, Amtsuntersuchung Linz G3, Post 13 (1946-1949), Inhaltsverzeichnis des Berichtes des Gerichtsinspektors über die Amtsuntersuchung des Kreis- und Bezirksgerichts Ried/Innkreis (Stichtag 11. Mai 1949).

<Anm. 84>
ÖStA/AdR, BMJ, Sektion III/Kanzlei A, Karton Nr. 120, Amtsuntersuchung Linz G3, Post 8 (1946-1949), Bericht des Gerichtsinspektors über die Amtsuntersuchung des LG Linz (19. Jänner 1949).

<Anm. 85>
ÖStA/AdR, BMJ, Sektion III/Kanzlei A, Karton Nr. 120, Amtsuntersuchung Linz G3, Post 8 (1946-1949), Bericht des Gerichtsinspektors über die Amtsuntersuchung des LG Linz (19. Jänner 1949).

<Anm. 86>
ÖStA/AdR, BMJ, Sektion III/Kanzlei A, Karton Nr. 120, Amtsuntersuchung Linz G3, Post 13 (1946--1949), Bericht des Gerichtsinspektors über die Amtsuntersuchung des Kreis- und Bezirksgerichts Ried/Innkreis (1949) Stichtag 11. Mai 1949.

<Anm. 87>
ÖStA/AdR, BMJ, Sektion III/Kanzlei A, Karton Nr. 120, Amtsuntersuchung Linz G3, Post 13 (1946--1949), Bericht des Gerichtsinspektors über die Amtsuntersuchung des Kreis- und Bezirksgerichts Ried/Innkreis (1949) Stichtag 11. Mai 1949.






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