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Chronik der gerichtlichen Ahndung von NS-Verbrechen nach der Abschaffung der Volksgerichte


Vorbemerkung
Die von Generalanwalt Dr. Karl Marschall verfasste, vom Bundesministerium für Justiz 1977 und in 2. Auflage 1987 herausgegebene Dokumentation »Volksgerichtsbarkeit und Verfolgung von nationalsozialistischen Gewaltverbrechen in Österreich« bildet bis heute die wichtigste Orientierungshilfe zur Eruierung österreichischer Gerichtsverfahren wegen NS-Verbrechen. Die Dokumentation enthält Verfahrensbeschreibungen jener Prozesse vor den Volks-gerichten 1945-1955, in denen zumindest ein Angeklagter zum Tode oder zu einer lebenslänglichen Kerkerstrafe verurteilt wurde, sowie aller dem Verfasser bekannten Verfahren, in denen eine österreichische Staatsanwaltschaft nach der Abschaffung der Volksgerichte (20. 12. 1955) Anklage wegen NS-Verbrechen erhob.
Im Zuge der Arbeiten der Zentralen österreichischen For-schungsstelle Nachkriegsjustiz konnten in den letzten Jahren die von Karl Marschall aufgelisteten Prozesse vor Geschwornengerichten um vier weitere ergänzt werden (drei dieser Urteile ergingen 1956, eines 1958).
Ein immer wieder beklagter Mangel der Dokumentation von Marschall ist die Ersetzung der Namen der Angeklagten durch fortlaufende Nummern. Bezüglich der Verfahren seit 1956 hat sich herausgestellt, dass – mit einer Ausnahme – über alle der von Marschall beschriebenen Fälle in der Tagespresse (selbstverständlich unter Nennung der Namen der Angeklagten) teilweise ausführlich berichtet wurde, einige Prozesse sind inzwischen auch in der wissenschaftlichen Literatur behandelt worden. Aus diesem Grund werden in den nachfolgenden Übersichten die Namen genannt.


Chronologie
(Verfahrensbeschreibungen siehe "Die 35 österreichischen Prozesse wegen NS-Verbrechen seit der Abschaffung der Volksgerichte")


1956

4 Hauptverhandlungen gegen 9 Angeklagte (3 rechtskräftig gewordene Verurteilungen, 6 rechtskräftig gewordene Freisprüche)
22. Juni: WEBER (Freispruch)
26. Juli: MITAS und PÖLL (Schuldsprüche); WEIGL, NEUMAYER, SCHUCH und GULDAN (Freisprüche)
15. Oktober: UHL (Schuldspruch)
21. November: ZEITLBERGER (Freispruch)

1957
1 Hauptverhandlung gegen 1 Angeklagten (1 nicht rechtskräftig gewordene Verurteilung)
4. Oktober: NOTTNY (vom OGH aufgehobener Schuldspruch; rechtskräftiges Urteil: 17. April 1959).

1958
1 Hauptverhandlung gegen 1 Angeklagten (1 rechtskräftig gewordene Verurteilung)
4. März: HIDEN (Schuldspruch)

1959
2 Hauptverhandlungen gegen 2 Angeklagte (1 rechtskräftig gewordene Verurteilung, 1 rechtskräftig gewordener Freispruch)
18. März: GABRIEL (Schuldspruch)
17. April: NOTTNY (Freispruch)

1960
2 Hauptverhandlungen gegen 3 Angeklagte (1 rechtskräftig gewordene Verurteilung, 2 rechtskräftig gewordene Freisprüche)
9. März: FUCHS (Schuldspruch, Strafe am 21. Oktober 1960 durch den OGH neu festgesetzt), NEIDENIK (Freispruch)
21. März: REITTER (Freispruch)

1961
4 Hauptverhandlungen gegen 4 Angeklagte (1 rechtskräftig gewordene Verurteilung, 3 rechtskräftig gewordene Freisprüche)
29. Juni: SCHÖNPFLUG (Schuldspruch, Strafe am 18. Oktober 1961 durch das OLG Linz erhöht)
26. Juli: RAZESBERGER (Freispruch)
24. November HÖBLINGER (Freispruch)
6. Dezember: KRIPSCH (Freispruch)

1962
1 Hauptverhandlung gegen 2 Angeklagte (1 nicht rechtskräftig gewordene Verurteilung, 1 rechtskräftig gewordener Freispruch)
27. Juni: FRÜHWIRTH (Freispruch), HOCHREINER (vom OGH aufgehobener Schuldspruch; rechtskräftiges Urteil: 6. März 1963)

1963
3 Hauptverhandlungen gegen 3 Angeklagte (1 rechtskräftig gewordene Verurteilung, 1 rechtskräftig gewordener Freispruch, 1 nicht rechtskräftig gewordener Freispruch)
6. März: HOCHREINER (Freispruch)
19. Juni: MURER (vom OGH aufgehobener Freispruch; Verfahrenseinstellung: 24. Juli 1974)
4. Oktober: ROJKO (Schuldspruch)

1964
1 Hauptverhandlung gegen 1 Angeklagten (1 nicht rechtskräftig gewordener Verurteilung)
17. Dezember: NOVAK (vom OGH aufgehobener Schuldspruch; rechtskräftiges Urteil: 13. April 1972).

1965
3 Hauptverhandlungen gegen 3 Angeklagte (2 rechtskräftig gewordene Verurteilungen, 1 nicht rechtskräftig gewordener Freispruch)
2. März: RAJAKOWITSCH (Schuldspruch)
26. März: LEX (Schuldspruch)
21. Dezember: VERBELEN (vom OGH aufgehobener Freispruch; Verfahrenseinstellung: 16. Juni 1978)

1966
4 Hauptverhandlungen gegen 4 Angeklagte (3 rechtkräftig gewordene Verurteilungen, 1 nicht rechtskräftig gewordener Freispruch, 2 vom Schwurgerichtshof ausgesetzte Wahrsprüche der Geschwornen ["nicht schuldig"])
17. Februar: MAUER und MAUER (keine Urteile; rechtskräftige Urteile: 8. November 1966).
6. Oktober: NOVAK (vom OGH aufgehobener Freispruch; rechtskräftiges Urteil: 13. April 1972)
8. November: MAUER und MAUER (Schuldsprüche)
6. Dezember: LANZ (Schuldspruch)

1967
keine Hauptverhandlung

1968
keine Hauptverhandlung

1969
3 Hauptverhandlungen gegen 6 Angeklagte (2 rechtskräftig gewordene Verurteilungen, 2 rechtskräftig gewordene Freisprüche, 1 nicht rechtskräftig gewordene Verurteilung, 1 vom Schwurgerichtshof ausgesetzter Wahrspruch der Geschwornen ["nicht schuldig"])
28. März: MAYER und LUSSER (Schuldsprüche), POPP und UNTERBERGER (Freisprüche)
18. Dezember: NOVAK (vom OGH aufgehobener Schuldspruch; rechtskräftiges Urteil: 13. April 1972)
18. Dezember: VOGEL (kein Urteil; rechtskräftiges Urteil: 16. April 1970).

1970
5 Hauptverhandlungen gegen 5 Angeklagte (3 rechtskräftig gewordene Verurteilungen, 2 rechtskräftig gewordene Freisprüche)
16. April: VOGEL (Freispruch)
18. April: SILLER (Schuldspruch)
10. Mai: MACHER (Schuldspruch)
9. Oktober: WENDL (Freispruch)
9. Dezember: FRIEDENSBACHER (Freispruch)

1971
1 Hauptverhandlung gegen 1 Angeklagten (1 rechtskräftig gewordene Verurteilung)
3. März: GRÜN (Schuldspruch)

1972
5 Hauptverhandlungen gegen 8 Angeklagte (1 rechtskräftig gewordene Verurteilung, 4 rechtskräftig gewordene Freisprüche, 1 nicht rechtskräftig gewordener Freispruch, Abbruch des Verfahrens gegen 2 Angeklagte)
10. März: DEJACO und ERTL (Freisprüche)
13. April: NOVAK (Schuldspruch)
4. Mai: GOGL (vom OGH aufgehobener Freichspruch; rechtkräftiges Urteil: 2. Dezember 1975)
17. Mai: LERCH und POHL (kein Urteil; gerichtliche Verfahrenseinstellung: 11. Mai 1976)
27. Juni: GRAF und WUNSCH (Freisprüche)

1973
keine Hauptverhandlung

1974
keine Hauptverhandlung, 1 gerichtliche Verfahrenseinstellung
24. Juli: MURER (siehe 19. Juni 1963)

1975
1 Hauptverhandlung gegen 1 Angeklagten (1 rechtskräftig gewordener Freispruch)
2. Dezember: GOGL (Freispruch)

1976
keine Hauptverhandlung, 1 gerichtliche Verfahrenseinstellung
11. Mai: LERCH und POHL (siehe 17. Mai 1972)

1977
keine Hauptverhandlung

1978
keine Hauptverhandlung, 2 gerichtliche Verfahrenseinstellungen
1. Juni: EPPINGER (Anklage 1971, aber keine Haupt-verhandlung)
17. Juni: VERBELEN (siehe 21. Dezember 1965)

1979–1999
keine Hauptverhandlungen

2000
1 Hauptverhandlung gegen 1 Angeklagten begonnen
21. März: GROSS (die Hauptverhandlung wird wegen Verhandlungsunfähigkeit des Angeklagten unterbrochen und nicht wieder aufgenommen)

2001–2004
keine Hauptverhandlungen

2005
keine Hauptverhandlung
15. Dezember: Tod des Angeklagten GROSS

2006
keine Hauptverhandlung, 1 gerichtliche Verfahrenseinstellung
28. April: Einstellung des Verfahrens gegen GROSS

 

Zur Liste der Angeklagten



von: Winfried R. Garscha

Zuerst
erschienen in:
"Justiz und Erinnerung"
Nr. 4
aktualisiert: Januar 2006

(Die Liste der Angeklagten
mit den Verfahrens- beschreibungen
wurde ergänzt und neu geordnet)