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Ahndung von NS-Verbrechen an Euthanasieopfern

Die Ermordung von Kindern ab dem Sommer 1939 setzte den ersten Schritt in der nationalsozialistischen Euthanasie-Politik, welche aus der Vernichtung „lebensunwerten Lebens“ bestand. Aufgrund einer auf den 1. September 1939 rückdatierten „Ermächtigung“ von Adolf Hitler, welche keinerlei Gesetzeskraft oder Legalität besaß, wurde die „Euthanasie-Aktion“ auf die Insassen von Heil- und Pflegeanstalten im gesamten Reichsgebiet ausgedehnt. Das offizielle Ende dieser so genannten „T4-Aktion“ erfolgte im August 1941.

In Österreich wurde die NS-Euthanasie insbesondere in den ersten beiden, vom Antifaschismus geprägten, Nachkriegsjahren gerichtlich verfolgt. Im Jahre 1946 wurden der Leiter der Kinderfachabteilung „Am Spiegelgrund“, Dr. Ernst Illing, vom Volksgericht Wien und der Primar im Landeskrankenhaus Klagenfurt, Dr. Franz Niedermoser, vom Außensenat Klagenfurt des Volksgerichts Graz zum Tode verurteilt. Der größte Euthanasie-Prozess vor einem österreichischen Volksgericht fand 1947 statt, und zwar gegen politisch Verantwortliche, Ärzte und Angehörige des Pflegepersonals der Anstalten Mauer-Öhling und Gugging.

Mit dem Jahre 1948, in welchem die ersten Amnestien zugunsten von ehemaligen Nationalsozialisten erlassen wurden, war die justizielle Verfolgung der NS-Euthanasie im wesentlichen beendet. Nach Aufhebung der Volksgerichte im Jahre 1955 wurde in Österreich kein wegen Beteiligung an der NS-Euthanasie geführtes Verfahren mit Urteil abgeschlossen. Im November 1967 wurde Dr. Georg Renno, der stellvertretende Leiter der größten österreichischen Euthanasieanstalt in Hartheim, von der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt angeklagt; das Verfahren ist jedoch im Dezember 1975 endgültig eingestellt worden. Die letzte Anklageerhebung in Österreich erfolgte im Jahre 1999 gegen Dr. Heinrich Gross, Arzt der Kinderfachabteilung „Am Spiegelgrund“.

Übersicht über die Prozesse gegen Heinrich Gross

Euthanasie-Prozesse seit 1945 in Österreich und Deutschland
(=Kurzfassung des Beitrags von Winfried R. Garscha in: Medizin im Nationalsozialismus - Wege der Aufarbeitung. Wiener Beiträge zur Sozialgeschichte der Medizin, hrsg. von Sonia Horn und Peter Malina, Wien: Verlag der Österreichischen Ärztekammer, 2001, S. 46-58; mit einem Link zum Text des Referats)

Der Gerichtsakt Georg Renno als Quelle für das Projekt Hartheim
(von Peter Schwarz)

Niedernhart. Juni 1946. Ein Bericht
(von Christina Altenstrasser, Peter Eigelsberger, Lydia Thanner und Konstantin Putz)