Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen
Forschung (FWF)
Justiz und NS-Gewaltverbrechen in Österreich
/ OLG-Sprengel Wien und Linz
Bericht an den FWF über den Abschluss des Projekts
(FWF-Projekt Nr. 15704)
Das Projektpaket Justiz und NS-Gewaltverbrechen
in Österreich hat im Zuge von mehr als dreijährigen Forschungsarbeiten
(2002 bis 2006) einige weit verbreitete Meinungen über die Ahndung von
NS-Verbrechen durch die österreichischen Gerichte korrigiert: Trotz zahlreicher
fragwürdiger Urteile und Verfahrenseinstellungen (vor allem in den 1960er
und 1970er Jahren) hat sich die österreichische Justiz wesentlich intensiver
mit diesen Verbrechen auseinander gesetzt, als in der Öffentlichkeit
wahrgenommen, insbesondere im ersten Nachkriegsjahrzehnt, als in Österreich
mehr Täter wegen Kriegs- und Humanitätsverbrechen abgeurteilt wurden
als in Deutschland.
Durchgeführt wurden die Forschungsarbeiten von der Zentralen
österreichischen Forschungsstelle Nachkriegsjustiz, dem Institut
für Österreichische Rechtsgeschichte und Europäische Rechtsentwicklung
der Universität Graz und dem Institut für Zeitgeschichte
der Universität Innsbruck. Das Teilprojekt Die
Auseinandersetzung der Justiz mit nationalsozialistischen Verbrechen. Eine
Untersuchung der Volksgerichtsbarkeit und der ordentlichen Gerichtsbarkeit
in den Oberlandesgerichtssprengeln Wien und Linz befasste sich in erster
Linie mit den Prozessen wegen der zahlreichen Morde (insbesondere an ungarischen
Juden) bei Kriegsende in Ostösterreich, mit den Mauthausen-Prozessen,
den österreichischen Prozessen wegen Holocaust-Verbrechen nach dem Eichmann-Prozess
in Jerusalem sowie mit der unterschiedlichen österreichischen und deutschen
Rechtsprechung.
Abgeschlossen wurden die drei Teil-Projekte mit der Grazer Tagung "Genocide
on trial" (März 2006). Dort wurden nicht nur die Ergebnisse
der österreichischen Forschungen in einen internationalen Diskurs zur
Ahndung von Kriegs- und Humanitätsverbrechen durch nationale und internationale
Gerichte eingebettet und die Bedeutung für gegenwärtige Prozesse
wegen Menschheitsverbrechen erörtert, sondern auch der von den drei Projektleitern
Thomas Albrich, Winfried R. Garscha und Martin F. Polaschek herausgegebene
Sammelband "Holocaust und
Kriegsverbrechen vor Gericht. Der Fall Österreich"
präsentiert.
Besonders fruchtbar erwies sich das gemeinsame Forschen von JuristInnen und
HistorikerInnen bzw. PolitikwissenschaftlerInnen, wodurch es auch gelang,
in den beiden Fachdisziplinen die Nachkriegsjustiz als Forschungsfeld zu etablieren.
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