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"Genocide on Trial" Von den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen zum Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag Am 23. und 24. März führten
in Graz (Universität, Meerscheinschlössl) die Konferenz
"Genocide on Trial. Von den Nürnberger Kriegsverbrecher- prozessen
zum Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag" durch. Die Beiträge von Otto Triffterer (Institut für Österreichisches und Internationales Strafrecht und Strafprozessrecht der Universität Salzburg und Präsident der Zentralen österreichischen Forschungsstelle Nachkriegsjustiz sowie Herausgeber und Mitverfasser des "Commentary on the Rome Statute of the International Criminal Court") über "Die Erforschung der Nachkriegsjustiz – unverzichtbar zur Vergangenheitsbewältigung und für eine effektive Bekämpfung von Völkermord" sowie von Wolfgang Form (Forschungs- und Dokumentationszentrum Kriegsverbrecher- prozesse an der Universität Marburg/Lahn) über "NürnbergTokioNürnberg. Ausgewählte Aspekte alliierter Kriegsverbecherprozesse nach dem Zweiten Weltkrieg" markierten zwei Schwerpunkte des Symposions. Der Begriff Genozid, den der Jurist Raphael Lemkin 1944 angesichts der Verbrechen von Auschwitz prägte, bezeichnet nach der UN-Völkermordkonvention von 1948 die "Absicht, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören". Die Bericht- erstattung über das Ruanda-Tribunal, den Internationalen Jugoslawien-Gerichtshof in Den Haag oder auch die Kontroverse um die Auslieferung des ehemaligen chilenischen Staatsoberhauptes Augusto Pinochet zeigt, dass es bis heute keine gängige Praxis zur Umsetzung der Konvention gibt. Aber fast 60 Jahre nach deren Verkündung und nicht zuletzt nach den Erfahrungen der Staatengemeinschaft mit den Völkermorden in Jugoslawien und Ruanda scheint das Postulat der "Verhütung und Bestrafung von Völkermord" nunmehr international Beachtung zu finden. Es wird mittlerweile das Bemühen erkennbar, den Staaten für den Begriff "Völkermord" verbindliche und juristisch präzise Definitionen in die Hand zu geben. Neunzig Jahre nach der Vernichtung der armenischen Bevölkerung des Osmanischen Reiches und sechzig Jahre nach dem Holocaust ist Völkermord somit kein Phänomen, das lediglich die Geschichtswissen- schaften beschäftigt, sondern hat auch eine eminent gesellschaftspolitische Bedeutung, denn im vergangenen Jahrzehnt wurde auch Europa wieder mit der Ausbreitung genozidaler Gewalt konfrontiert. Das Internationale Militärtribunal (IMT) in Nürnberg war, nach den fehlgeschlagenen Versuchen im Gefolge des Ersten Weltkrieges, die erste multinationale Institution zur Verfolgung von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, wenngleich der Begriff des Genozids bzw. des Völkermordes noch nicht verwendet wurde. Die "Nürnberger Prinzipien" haben aber die Entwicklung des internationalen Menschenrechtsschutzes maßgeblich beeinflusst. Was vor 60 Jahren in Nürnberg begonnen hat, ist durch die Einrichtung der internationalen Straftribunale für Jugoslawien und Ruanda ein gutes Stück vorangekommen. Genozidale Menschenrechtsverletzung in Kambodscha, Sierra Leone und im Sudan werden heute international strafrechtlich verfolgt. Die Aktualität der gesetzlichen Grundlagen der Nachkriegszeit für die justizielle Ahndung von NS-Verbrechen sowie Fragen zur Implementierung der damals angewendeten Rechts- grundsätze in das moderne Völkerstrafrecht diskutierte Winfried R. Garscha (Leiter der Zentralen österreichischen Forschungsstelle Nachkriegsjustiz) in einem Fachgespräch mit Romana Schweiger (Institut für Strafrecht und Kriminologie der Universität Wien) und Anke Sembacher (European Training and Research Centre for Human Rights and Democracy Graz). Im Mittelpunkt der Konferenz stand die Präsentation von
Forschungsergebnissen eines von 2003 bis 2005 in Wien, Linz, Graz und Innsbruck
von 14 HistorikerInnen, PolitikwissenschafterInnen und JuristInnen durchgeführten
Projektpakets "Justiz und
NS-Gewaltverbrechen. Regionale Besonderheiten und Vergleich mit Deutschland".
Stellvertretend für die MitarbeiterInnen des Forschungsteams stellten
Martin O. Achrainer (Institut für Zeitgeschichte
der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck), Heimo Halbrainer
(Institut für österreichische Rechtsgeschichte und Europäische
Rechtsentwicklung der Karl-Franzens-Universität Graz), Claudia Kuretsidis-Haider
und Susanne Uslu-Pauer (beide Zentrale österreichische
Forschungsstelle Nachkriegsjustiz) zu Beginn des Symposions sowie Sabine Loitfellner,
Eva Holpfer (beide Zentrale österreichische
Forschungsstelle Nachkriegsjustiz), Gabriele Pöschl
(Institut für Österreichische Rechtsgeschichte und europäische
Rechtsentwicklung der Karl-Franzens-Universität Graz) zum Abschluss der
Konferenz Aspekte der Ahndung von NS-Verbrechen in Österreich von der
unmittelbaren Nachkriegszeit bis in die Gegenwart dar. In zahlreichen europäischen Ländern
fanden – gemäß der Moskauer Deklaration vom 1. November 1943
– vor nationalen Gerichten Prozesse nicht nur wegen Kollaborationsverbrechen
sondern auch wegen Holocaust- und Kriegsverbrechen statt. Die Leistungen und Versäumnisse der deutschen Justiz bei
der Ahndung von NS-Verbrechen in Deutschland sowie deren Dokumentation erörterte
Christiaan F. Rüter (Institut für Strafrecht der Universität Amsterdam
/ Niederlande), der Herausgeber der mittlerweile 35 Bände umfassenden
Urteilsedition "Justiz
und NS-Verbrechen" für West- und Ostdeutschland. Diese Reihe
ist Vorbild für eine von der Zentralen österreichischen Forschungsstelle
Nachkriegsjustiz geplante Dokumentation österreichischer
Urteile wegen nationalsozialistischer Tötungsdelikte. Ziel der Konferenz "Genocide on trial" war es, den Bogen von den Grundsätzen der ersten internationalen Kriegsverbrecherprozesse in Nürnberg und Tokio bis zu den gegenwärtigen Tribunalen sowie dem Internationalen Strafgerichtshof und deren Bedeutung für das internationale Strafrecht, aber auch deren gesellschaftliche Wirksamkeit zu erörtern und die justizielle Ahndung von Kriegs- und Humanitätsverbrechen in Österreich in den internationalen Diskurs einzubetten und zu verorten. Text: Claudia Kuretsidis-Haider
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Der Festsaal im "Meerschein- schlössl" der Universität Graz 1. Konferenztag: C. F. Rüter Otto Triffterer Martin O. Achrainer Claudia Kuretsidis-Haider Martin F. Polaschek und Bernhard Sebl Susanne Uslu-Pauer 2. Konferenztag: Wolfgang Form Anke Sembacher, W. R. Garscha, Romana Schweiger Witold Kulesza und Kateřina Kočova Dick de Mildt und Dušan Nećak Bernhard Brunner und Nico Wouters Sabine Lotfellner Gabriele Pöschl Thomas Albrich und Eva Holpfer Abschluss der Tagung durch den Vizerektor der Universität Graz, Martin F. Polaschek © Fotos: W.R.Garscha, Claudia Kuretsidis-Haider (Die Anordnung der Fotos folgt der Chronologie des Auftritts der ReferentInnen – siehe Tagungs- programm) |
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