Service : Rechtsquellen (historische Gesetzestexte, Fundstellen)
1. Österreichische Gesetze
Das Kriegsverbrechergesetz und das Verbotsgesetz –
erlassen von der provisorischen Staatsregierung im Jahre 1945 – sowie
das Nationalsozialistengesetz 1947 bildeten die zentralen Gesetze für
die Ahndung der natio-nalsozialistischen Gewaltverbrechen und die Bekämpfung
des Nationalsozialismus in Österreich. Den ersten Amnestiebestimmungen,
die bereits 1948 in Kraft traten, folgte im Jahre 1955 die Auflösung
der außerordentlichen Gerichtsform der Volksgerichte, die bis dahin
für die gerichtliche Verfolgung der nationalsozialistischen (Gewalt-)verbrechen
in Österreich zuständig gewesen war. Den Schlusspunkt setzte die
NS-Amnestie 1957, durch welche unter anderem das Kriegsverbrechergesetz aufgehoben
wurde. Die den einzelnen Gesetzen vorangestellte Einführung soll der
Orientierung innerhalb der wichtigsten rechtlichen Bestimmungen bieten. Gesetze
und Verordnungen, welche im Kontext der Ahndung des Nationalsozialismus in
Österreich stehen, wurden in Themenblöcken zusammengefasst.
Einleitung
Nationalsozialistengesetz
1947
Hilfsmittel
für Forschende
Texte
Als Nachschlagemöglichkeit für all
jene, die mit historischen Gerichtsakten arbeiten, werden hier jene Gesetze, die hierfür relevant sind, abgedruckt und erläutert.
Der Schwerpunkt liegt auf jenen Gesetzes- texten sowie Fundstellen von gesetzlichen Bestimmungen, die die Tätigkeit der österreichischen
Volksgerichte (1945–1955) rechtlich normierten.
Bundes-Verfassungsgesetz
Ausgewählte Artikel der österreichischen Verfassung
(einschließlich früherer Versionen)
Strafprozessordnung und Strafgesetz(buch)
Ausgewählte
Paragraphen der gültigen österreichischen Strafprozessordnung
Ausgewählte
Paragraphen der alten österreichischen Strafprozessordnung (in Kraft 1873 bis 2007)
Ausgewählte
Paragraphen des gültigen österreichischen Strafgesetzbuchs
Ausgewählte
Paragraphen des österreichischen Strafgesetzes von 1852 (in Kraft 1852 bis 1974)
Die
"Eisenbahnparagraphen" im alten österreichischen Strafgesetz:
§ 85 StG, § 87 StG, § 89 StG
Bedarfsdeckungsstrafgesetz
1945
Wahlgesetz
1945
Die einzelnen Bestimmungen des Kriegs- verbrechergesetzes
(KVG) vom 26. Juni 1945
(samt juristischen Erläuterungen von Heinrich Gallhuber und Eva Holpfer)
Überblick
§
1 Kriegsverbrechen
§
2 Kriegshetzerei
§ 3 Quälereien und Misshandlungen
§ 4 Verletzungen der Menschlichkeit und der Menschenwürde
§ 5 Erschwerungen
§
5a Vertreibung aus der Heimat
§ 6 Missbräuchliche Bereicherung
§
7 Denunziation
§
8 Hochverrat am österreichischen Volk
§ 9 Vermögensverfall
§§ 8a, 10, 11, 12 Amnestiebestimmungen, Geltungsbereich, Zusammentreffen
mit anderen Strafgesetzen
§ 13 Volksgericht
Die einzelnen Bestimmungen des Verbotsgesetzes
(VG) vom 8. Mai 1945
a) Gesetzestexte
Den kompletten Text aller 29 Paragraphen des Verbotsgesetztes 1947 (einschließlich der derzeit
gültigen Fassung des § 3) sowie des XXI. Hauptstücks der NS-Amnestie 1957 (das die
Aufhebung der einzelnen Bestimmungen des Verbotsgesetzs enthält) finden Sie online auf der
WebSite "internet4jurists.at"
Artikel I: Verbot
der NSDAP
§ 1 Verbot der Partei und ihrer Gliederungen
§ 2 Erlöschen der Mandate
§
3 Verbot der Wiederbetätigung
(einschließlich des Wortlautes der Verbotsgesetznovellen
1947 und 1992)
Artikel II: Registrierung der Nationalsozialisten
§§ 4 bis 9
§
8 Registrierungsbetrug
Artikel III: Bestimmungen gegen "Illegale",
schwer belastete Nationalsozialisten und Förderer
§§ 10 bis 16
§
10 Illegalität
§
11 Qualifizierte Illegalität
§
12 Unterstützung der illegalen NSDAP
Artikel IV: Sonstige
Bestimmungen über Nationalsozialisten
§§ 17 bis 23
Artikel V: Volksgerichte
§§ 24 bis 26
Artikel VI: Ausnahmebestimmungen
§
27 Ausnahmen im Einzelfall
Artikel VII: Schlußbestimmungen
§§ 28 und 29
b) Juristische Erläuterungen dazu
(noch nicht erschienen)
Amnestien und Verjährungsbestimmungen
a) Amnestien
(Gesetzestexte folgen)
b) Bestimmungen über den Beginn und die Hemmung von Verjährungsfristen
Allgemeines zu den Verlängerungen der
Verjährungs- fristen bis 1974 (Text von Karl Marschall)
Gesetz über die Verlängerung der Verjährungsfristen 1963
Strafrechtsänderungsgesetz 1965
Fundstellen
(Staatsgesetzblatt 1945, Bundesgesetzblatt 1946
ff.)
VG,
KVG, NSG und damit zusammenhängende Gesetze
Änderungen in der Gerichtsorganisation
(Volks- und Geschworenengerichte), Anwendung der Todesstrafe
Verjährungsbestimmungen und Amnestien
Rechtshilfe
und Auslieferung
Änderungen des Strafgesetzes
und der Strafprozess- ordnung
Sonstige gesetzliche Bestimmungen
Hilfsmittel
Eine
kleine »Gebrauchsanleitung« für den Zugang zu Gerichtsakten
Die
Regelung der Einsichtnahme in einen Gerichsakt in der Strafprozeßordnung
Tipps
zur Suche nach Gerichts- und Staatsanwalt-schaftsakten
Anmerkungen zur Arbeit mit gerichtlichen Strafakten
in der zeitgeschichtlichen Forschung
Teil
1
Teil
2
Teil
3
Teil
4
2. Deutsche Gesetze
Das Reichsstrafgesetzbuch
Nach dem "Anschluss" Österreichs 1938 blieb
das österreichische Strafgesetz – mit Ausnahme der Bestimmungen
über Hochverrat, die durch die §§ 80 ff. des Reichsstrafgesetzbuches
über Hoch- und Landesverrat ersetzt wurden – in Kraft. In den folgenden
Jahren wurden jedoch wurden sukzessive weitere Änderungen, vor allem
auf dem Verordnungsweg, in Kraft gesetzt. Die für die Nachkriegsprozesse
wichtigste war die Ersetzung der §§ 134 bis137 öStG (Mord,
unmittelbare und entfernte Beteiligung am Mord) durch die am 4. September
1941 neu gefassten §§ 211, 212 RStGB (Mord und schwerer Totschlag).
Während das österreichische Strafgesetz jede absichtliche Tötung
als "Mord" charakterisierte, band die Neufassung des deutschen Strafgesetzbuchs
das Tatbild "Mord" an bestimmte Eigenschaften des Täters ("Mörder
ist, wer..."). Wer ohne das Vorliegen der Mordmotive Grausamkeit, Heimtücke,
niedrige Beweggründe oder um eine andere Straftat zu verdecken, tötete,
beging Totschlag. Dieser war mit geringerer Strafe bedroht und hatte kürzere
Verjährungsfristen; die deutschen, zur Tatzeit der meisten NS-Verbrechen
geltenden Strafbestimmungen stellten somit in den meisten Fällen das
für die Angeklagten grünstigere Gesetz dar. Nach dem im österreichischen
Strafrecht seit 1852 geltenden "Günstigkeitsprinzip" war daher
auf viele nationalsozialistische Tötungsverbrechen anstelle §§
134 ff. StG der § 212 RStGB anzuwenden. Strittig blieb, ob nicht durch
das Vorliegen einer "lex specialis" in Form des Kriegsverbrechergesetzes
die Abwägung zwischen §§ 134 ff. StG und § 212 RStGB überflüssig
war.
§§
211, 212 RStGB
3. Gesetzestexte international
Der "Lieber Code"
Die erste Sammlung militärstrafrechtlicher Bestimmungen zur Ahndung der
Verletzung der "Gebräuche des Krieges" waren die "Instructions
for the Government of Armies of the United States in the Field" vom 24
April 1863, also während des amerikanischen Bürgerkrieges, die unter
der Bezeichnung "Lieber Code" in die Geschichte eingegangen sind.
Verfasser dieser "General Oder Nr. 100" der Armee der Nordstaaten
("Union") war Francis Lieber (1798–1872), ein gebürtiger Berliner,
der als Angehöriger der preußischen Armee in der Schlacht bei Waterloo
(1915) verwundet worden war, später wegen seiner liberalen Ansichten
von der preußischen Polizei verfolgt wurde und 1826/27 über England
in die USA flüchtete. Nach dem Vorbild der Brockhaus-Enzyklopädie
gab er 1829 bis 1833 die erste, 13-bändige Ausgabe der
"Encyclopaedia
Americana" heraus. Ab 1835 war Lieber am South Carolina College (der
heutigen Univ. of South Carolina) als Professor für Geschichte und politische
Ökonomie tätig, seine Reputation – die später zur Beauftragung
mit der Ausarbeitung eines Regulativs für die Armee der Union führte
– gründete sich jedoch auf seine politisch-philosophischen Werke,
vor allem das 1838 erschienene Buch "A Manual of Political Ethics".
Nach dem Bürgerkrieg schloss sich Lieber den radikalen Republikanern
an und wurde 1856 Rechtsprofessor an der New Yorker Columbia University.
Vollständiger Text
des "Lieber Codes" in englischer Sprache (aus der Sammlung "US
Regulars Archives. A Historical Resource of 19th Century Military History
& Tactics")
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